Barrierefreiheit im Web: Das neue Barrierefreiheitsgesetz und was es für Websites, Shops und Apps bedeutet

Online-Shopping, Reise buchen und endlich auch Behördengänge – vieles geht heute digital. Für rund 15 % der europäischen Bevölkerung stellen Barrieren im Internet eine große Hürde dar. Das soll sich mit dem neuen Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) ändern.

In diesem Artikel zeigen wir, was das konkret bedeutet, wen es betrifft und wie Sie Ihre Website fit für die gesetzlichen Anforderungen machen.
Watch it out loud!
Source: Apple – The Greatest
Was ist das und für wen gilt es?

Barrierefreiheitsgesetz für Websites

Ab 28. Juni 2025 verpflichtet das BaFG viele Unternehmen, ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten – dazu gehören insbesondere Websites, Online-Shops und Apps. Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu digitalen Informationen und Services zu ermöglichen. Für Unternehmen bringt das Gesetz nicht nur neue Pflichten, sondern auch Chancen: Wer Barrierefreiheit frühzeitig umsetzt, erschließt neue Zielgruppen, verbessert die Nutzerfreundlichkeit für alle und stärkt dadurch das eigene Markenimage.

Wer ist betroffen?

Allgemein gilt: Das BaFG betrifft vor allem mittelständische und große Unternehmen, die digitale oder automatisierte Dienstleistungen für Endverbraucher in Österreich anbieten. Kleinunternehmen können in vielen Fällen von Ausnahmen profitieren – sollten Barrierefreiheit aber dennoch berücksichtigen, um Diskriminierungsrisiken und Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.

Was heißt das für mich konkret?

Das österreichische Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) betrifft Unternehmen und Anbieter, die bestimmte Produkte und Dienstleistungen für Verbraucher in Österreich bereitstellen. Es verpflichtet zur Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards, um Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu digitalen und physischen Angeboten zu ermöglichen.

Betroffene Unternehmen und Branchen:

Private Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen für Endkunden anbieten, insbesondere

  • Websites und Online-Shops (E-Commerce)
  • Mobile Anwendungen (Apps)
  • E-Books und Lesegeräte
  • Bank- und Finanzdienstleistungen (z. B. Bankomaten, Online-Banking)
  • Telekommunikationsdienste (z. B. Websites von Mobilfunkanbietern)
  • Selbstbedienungsterminals und Verkaufsautomaten
  • Beförderungsdienste (z. B. Ticketautomaten, Online-Buchungssysteme)

Hersteller, Händler und Importeure von Produkten, die barrierefrei nutzbar sein müssen.

Ausnahmen:

Kleinstunternehmen (weniger als 10 Mitarbeiter und weniger als 2 Mio. € Jahresumsatz) sind von den Verpflichtungen befreit, wenn sie Dienstleistungen anbieten.

  • Achtung: Diese Ausnahme gilt nicht für Produkte. Wenn ein Kleinstunternehmen z. B. Verkaufsautomaten oder E-Book-Reader anbietet, müssen diese trotzdem barrierefrei sein.
  • Auch wenn keine gesetzliche Verpflichtung besteht, kann ein Verzicht auf Barrierefreiheit nach dem Behindertengleichstellungsgesetz zu Diskriminierungsbeschwerden führen.

Öffentliche Stellen

Öffentliche Einrichtungen sind nicht direkt durch das BaFG betroffen, da sie bereits durch das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) zur Barrierefreiheit verpflichtet sind.

Du willst deine Webseite auf digitale Barrierefreiheit prüfen?

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Was ist zu tun?

Design und Technische Umsetzung

Ziel ist die Entwicklung der Website in Anlehnung an die Richtlinien der WCAG 2.1, um einen barrierefreien Zugang zur Website zu ermöglichen.

Umsetzung im Bereich Design

Kontrastverhältnis
  • Die visuelle Darstellung von Text und Textbildern hat ein Kontrastverhältnis von mindestens 4,5:1 (Großflächiger Text und Bilder von großflächigem Text haben ein Kontrastverhältnis von mindestens 3:1), um einfacher rezipiert werden zu können
Farbe und Text
  • Bei der Verwendung von Farbe als Informationsvermittlung werden zusätzlich Text oder Zeichen eingesetzt, um bessere Lesbarkeit zu gewährleisten
Steuerelement
  • Automatisch startende Inhalte (zB. Karusselle, Slider oder Videos) haben Steuerelemente, um die Animation / den Ton zu stoppen, damit User:innen eigenständig entscheiden können
Medienalternative
  • Im Design wird Platz für Alternativtexte (wie z.B. Links zu Transkriptionen) vorgesehen, um alternative Rezeptionsarten zu unterstützen.
Formularbeschriftungen
  • Jedes Feld eines Formulars hat ein eindeutiges Label mit klarer Zuordenbarkeit für maximale Struktur
Leicht identifizierbares Feedback / Fehlermeldungen
  • Fehler werden visuell hervorgehoben (Farbe und Icon) und eine genaue Fehlerbeschreibung wird hinterlegt
Navigation
  • wird auf allen Seiten einheitlich benannt, gestaltet und positioniert. Alternative Navigationsmethoden wie Seitensuche oder Sitemap bzw. Orientierungshilfen wie z.B. Breadcrumbs werden zur Verfügung gestellt, um auch hier mehr Möglichkeiten anzubieten und auf User:innen-Bedürfnisse einzugehen
Inhalte
  • Vermeidung von schwebenden Inhalten, da solche, die bei Hover erscheinen, nicht so leicht zugänglich bzw. schließbar sind
Verlinkungen
  • Links werden nicht nur durch Farbe vom restlichen Text unterschieden, sondern auch durch die Linktexte.
    Sich in einem neuen Tab öffnende Links, die auf eine externe Seite führen oder einen Download auslösen, sind gekennzeichnet
Content
  • Blinkende Inhalte werden vermieden oder auf 3-maliges Blinken pro Sekunde beschränkt
Interaktion
  • Interaktive Elemente sind auch über die Tastatur erreichbar und werden je nach Zustand (hover, focus, click) visuell hervorgehoben

Umsetzung im Bereich Technische Umsetzung

Tastaturbedienbarkeit
  • Alle interaktiven Elemente lassen sich via Keyboard ansteuern und bedienen und gleichzeitig wird dadurch das fokussierte Element visuell hervorgehoben
Vergrößerung
  • Durch das Vergrößern der Website um bis zu 200 Prozent wird eine leichtere Lesbarkeit ermöglicht. Inhalte brechen dabei so um, dass kein horizontales Scrollen notwendig ist
Label für Formularelemente
  • Jedes „<label>“-Element eines Formulars besitzt ein „for“- Attribut, welches mit dem “id“-Attribut des Formularelements verknüpft ist
  • Die Formularelemente sind sowohl mittels Tastatur als auch assistiver Technologien bedienbar
Stoppen von automatisch startenden Elemente (Slider, Musik, etc.)
  • Automatisch startende Elemente können vom User gestoppt / beendet werden
Time-Outs
  • Sie werden wenn möglich vermieden; obwohl alternativ auch Optionen zur Deaktivierung oder zeitlichen Verlängerung bereitgestellt werden können, damit genug Zeit für das Erfassen von Inhalten zur Verfügung steht.

Im Sinne der Website-Sicherheit wird folgende Empfehlung nicht empfohlen:

  • Vermeidung von CAPTCHAS

Umsetzung im Bereich Testing

Folgende Aspekte der Barrierefreiheit sind als Teil der Content-Erstellung und Befüllung empfohlen

  • Bilder sind mit Alternativtexten zu versehen
  • Videos müssen über Untertitel und ggf. Audiobeschreibungen verfügen
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Erweiterte Barrierefreiheit zur Erreichung der Richtlinie AAA

  • Erweiterung des Text-Kontrasts auf 7:1 für normalen Text und 4,5:1 für größere Schriftarten
  • Unterstützung für Alternativtexte und damit genaue Beschreibungen für alle interaktiven Inhalte
  • Präzise Steuerung von Audio: Bereitstellung einer individuellen Lautstärkenregelung unabhängig von den Systemeinstellungen
  • Steuerung der Lesbarkeit: Anpassbarkeit von Textlänge und Lesegeschwindigkeit
  • Flexible Zeitbeschränkungen: Ermöglichung der Deaktivierung oder Anpassung von Zeitlimits für User:innen
Woran kann man sich orientieren?

Apple und Barrierefreiheit: Ein Vorbild für digitale Inklusion

Apple macht in Sachen Technologie vieles richtig – und das gilt ganz besonders für digitale Barrierefreiheit. Nicht nur die Website von Apple ist barrierefrei gestaltet, sondern auch die Geräte selbst bieten zahlreiche Funktionen, die Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen den Alltag erleichtern.

Ob iPhone, iPad oder MacBook – Apple integriert von Haus aus leistungsstarke Tools, die Inklusion ermöglichen:

  • Ein eingebauter Screenreader (VoiceOver) liest Inhalte vor und erleichtert die Navigation ohne Bildschirm.

  • Vorlesefunktionen für Texte, Webseiten oder E-Mails.

  • Dynamische Typografie, die sich anpassen lässt – größer, kontrastreicher, klarer.

  • Kontrast- und Farboptionen, die sich merken lassen, individuell für jede App.

  • Sprachsteuerung, die eine Bedienung ganz ohne Berührung ermöglicht.

Apple gilt seit jeher als Vorreiter in Sachen Design und Ästhetik – klar, minimalistisch, funktional. Umso beeindruckender ist es, dass Apple beweist: Digitale Barrierefreiheit und ein ästhetisches Nutzererlebnis schließen sich nicht aus – im Gegenteil, sie ergänzen sich perfekt.

Ein besonderes Highlight: Die Apple-Website zeigt, wie durchdachtes Design auch für Menschen mit Sehbehinderungen und Screenreader-Nutzer hervorragend funktioniert.

  • Die Seite verfügt über eine perfekte Überschriften-Struktur, die es erlaubt, Inhalte schnell und effizient zu erfassen.

  • Screenreader-Nutzer können sich gezielt durch die Inhalte bewegen, ohne sich in unnötigen Navigationselementen zu verlieren.

  • Klare Hierarchien, strukturierte Inhalte und visuell ansprechende Gestaltung gehen bei Apple Hand in Hand.

Das zeigt: Barrierefreiheit ist kein Hindernis für gutes Design – sondern vielmehr ein Qualitätsmerkmal für durchdachte, nutzerzentrierte Gestaltung.

Wer sich einen umfassenden Überblick über die Barrierefreiheits-Features von Apple verschaffen möchte, findet hier weiterführende Informationen: Apple über Barrierefreiheit

Dieses Video von Apple zählt zu den emotional bewegendsten Beiträgen, die das Thema digitale Barrierefreiheit sichtbar machen – unbedingt anschauen!

 

Vom Check zur Umsetzung

Barrierefreiheit auf Ihrer Website verbessern

Barrierefreiheit im Web ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess – besonders im Hinblick auf gesetzliche Anforderungen wie das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) und internationale Standards wie die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.1 AA). Wer seine Website barrierefrei gestalten möchte, braucht dabei einen strukturierten Ansatz: vom ersten Check bis hin zur konkreten Umsetzung.

Erste sinnvolle Maßnahmen

✔️ Prüfen der Website auf Barrierefreiheit entsprechend dem Standard WCAG 2.1 AA

✔️ Durchführen eines Tests mit dem Web Access Evaluation Tool “Wave”

✔️ Kategorisieren des Änderungsbedarfs hinsichtlich Änderungen bei Design, technischer Umsetzung, Aufbereitung von Inhalten

✔️ Erstellen eines Maßnahmenkatalogs zur Verbesserung der Barrierefreiheit mit Aktivitäten, Zuständigkeiten und Aufwänden.

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